Muhammad Ali Jinnah founder of Pakistan |
Die Muslimliga verfolgte hingegen eine andere Strategie. Sie unterstützten Großbritannien im Krieg. Eine Strategie die sich bezahlt machte. Im Gegenzug unterstützten die Briten die Entstehung eines von Indien unabhängigen Staates für Moslems. Um eine Teilung Indiens zu verhindern, wollte Ghandi 1946 Jinnah, den „Vater“ Pakistans, als Ministerpräsidenten eines vereinigten Indiens ernennen, doch die indische Kongresspartei war gegen diesen Vorschlag.
Am 14.8.1947 erlangte Pakistan seine Unabhängigkeit – einen Tag vor Indien. Die offizielle Grenzziehung sollte erst wenige Tage nach der Unabhängigkeit bekannt werden. Pakistan bestand nun aus Ost und Westpakistan (dem heutigen Pakistan), wobei 60% der Bevölkerung in Ostpakistan (dem heutigen Banglasdesch) lebten, der Beamtenapparat jedoch in Westpakistan war.
Interessant ist die Frage welche Rolle Religion in der Schaffung dieses Staates spielte. Eine Rede, die Jinnah am 11.August 1947 vor der pakistanischen verfassungsgebenden Versammlung gab, gewährt Einblicke:
„ …jeder von Ihnen, ganz gleich, zu welcher Gemeinschaft er gehört, ganz gleich, welches seine Hautfarbe, Kaste oder sein Glaube ist, ist zum Ersten, zum Zweiten und zum Letzten ein Bürger dieses Staates mit gleichen Rechten, Privilegien und Pflichten… Diese Tatsache kann ich nicht genug betonen. Wir sollten in diesem Geist unsere Arbeit aufnehmen, dann werden im Laufe der Zeit all diese Punkte des Anstoßes zwischen der Mehrheits- und Minderheitsgemeinschaft – der Hindugemeinschaft und der Muslimgemeinschaft – denn selbst wenn es um Muslime geht, finden Sie Pathanen, Punjabis, Shiiten, Sunniten und so weiter – verschwinden… Sie sind frei, Ihre Tempel zu besuchen, Sie sind frei, in Ihre Moschen und alle anderen Gebetsstätten in diesem Staate Pakistan zu gehen. Sie werden merken, dass im Laufe der Zeit die Hindus aufhören, Hindus zu sein und die Muslime aufhören werden, Muslime zu sein, nicht im religiösen Sinne, denn dies ist natürlich eine persönliche Glaubensangelegenheit jedes Individuums, sondern im politischen Sinne als Staatsbürger.“
Die Teilung verlief blutig. Zig-tausende Hindus, die von Pakistan nach Indien emigrierten und zig-tausende Moslems, die von Indien nach Pakistan wollten, wurden brutal ermordet. Züge voller Leichen passierten die Grenze – die Zahlen variieren. Manche sprechen von 500.000, andere von 1-2 Millionen Menschen, die sterben mussten. Gesprochen wird über dieses Trauma kaum, aber Dichter und Literaten haben sich mit dieser Zeit auseinandergesetzt, Pitram zum Beispiel empfand die Teilung der Provinz Punjab, die nun teilweise auf indischem, teilweise auf pakistanischem Territorium lag als Gift, welches die gemeinsame Kultur zerfrisst:
„ Dieser pockennarbige Tagesanbruch,
Diese Dämmerung im Banne der Nacht,
Dies ist nicht das so lange ersehnte Licht
Nach dem die Freunde in der Hoffnung strebten,
Dass irgendwo in der Wüste des Himmels
Die Sterne an ihr endgültiges Ziel gelangen
Und das Schiff des Grams den Anker lichten werde…
Es änder sich die Manier unserer Führer,
Sexuelle Freuden sind nun erlaubt, Trauer ob der Teilung verboten.
Diese Kur hilft nicht der fiebernden Leber, dem stechenden Herzen
Oder dem unsteten Auge.
Diese sanfte Morgenbriese,
Woher ist sie gekommen?
Wohin ist sie entschwunden?
Die Straßenlaterne offenbart nichts Neues.
Die schwere Nacht wiegt noch dasselbe.
Herz und Auge warten auf Erlösung;
Vorwärts, wir haben unser Ziel noch nicht erreicht…
Heute bitte ich Waris Shah [Anm: Poet aus dem Punjab]:
„Sprich zu uns aus deinem Grab,
Entrolle ein neues, ein anderes Blatt
Deines Buchs der Liebe.
Eine Tochter des Punjab schrie laut auf,
Du hast ja selbst unsere Wände mit deinen Klagen bedeckt.“
Heute weinen Millionen Töchter
Und rufen dir zu, Waris Shah:
„Steh auf, du Chronist unseres inneren Schmerzes
Und schau auf deinen Punjab;
Übersät sind die Wälder mit Leichen
Und voller Blut ist der Chenab[Anm: Fluss in Punjab].“
Unsere fünf Flüsse sind vergiftet
Und doch bewässern ihre Wasser die Erde…
Feldmarschall Ayub Khan |
Da sich der Behördenapparat und die politische Macht auf Westpakistan konzentrierte, wurden Subventionen und Förderungen mehrheitlich in Westpakistan verteilt. Gelder, die in der ostpakistanischen Landwirtschaft erwirtschaftet wurden, wurden in Westpakistan umverteilt. Der Unmut der Bevölkerung Ostpakistans nahm zu. Nicht vergessen darf man dabei, dass die Mehrheit der Pakistanischen Bevölkerung in Ostpakistan lebte.
Aber auch in Westpakistan gab es eine wachsende Unbeliebtheit Ayub Khans. Ayub hatte einer militärische Intervention gegen Indien zugestimmt, in der Hoffnung, dass der Angriff Indien überraschen würde und daraus der notwendige Vorteil generiert werden könnte, der endlich die seit 1947 geteilte Provinz Kaschmir unter pakistanischer Führung zu einen. Die sogenannten Operation Grand Slam Kaschmir schien zunächst erfolgreich zu sein. Organisatorische und logistische Versäumnisse der Pakistanis gaben Indien jedoch genug Zeit um die nötigen Truppen doch noch aufzustellen um Pakistan zu besiegen. Nach der größten Panzerschlacht seit dem zweiten Weltkrieg, ging Indien als Gewinner vom Feld und behielt 60 unversehrte Panzer als Souvenirs. Eine demütigende Niederlage für Präsident Ayub. Wie sich später herausstellen sollte, hatte der damalige Außenminister und spätere Präsident Zulfiqar Ali Bhutto, Ayub Khan bewusst in diesen Krieg gedrängt, um die Diktatur zu schwächen. Unmittelbar darauf gründete Bhutto 1966 die Pakistanische Volkspartei PPP, deren Parteiprogramm von Anfang an die Zerschlagung des Regimes war. Nachdem Bhutto im ganzen Land bei Großversammlungen auftrat, wurde er 1967 verhaftet.
Um abzulenken wurde das zehnjährige Jubiläum der Militärdiktatur 1968 zum Anlass genommen aufwendige Feiern zu veranstalten. Die vermeintliche Weltoffenheit demonstrierte die Regierung indem sie ankündigte, dass man nun Coca Cola, Pepsi Cola und Canada Dry in Karachis Supermärkten kaufen könne. Nicht erwähnt wurde, dass Milch nur in drei Geschäften der Stadt erhältlich war. Die Feierlichkeiten wurden jedoch von Studentengruppen gestört, die auf der Straße aus vollem Halse Demokratie und Freiheit einforderten. Die Proteste wuchsen. Zehn bis 15 Millionen Menschen sowohl in Ost- als auch Westpakistan kämpften fünf Monate lang für ihre Rechte. Die Regierung antwortete mit Gewalt. Dennoch regierte Hoffnung auf den Straßen. Eine Art Euphorie, die das Land danach nie wieder sehen sollte.
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